Murks in Sicht
Ende 2020 wird die B31-Westumfahrung fertiggestellt sein.
Rechtfertigung für die beispiellose Zerstörung wertvoller Landschaft war und ist, die Innenstadt vom motorisierten Verkehr zu entlasten und vor allem die Friedrichstraße weitgehend davon zu befreien. Konsequent wäre es, wenn mit der Freigabe der B31-Umgehung die Bagger umgehend in die Innenstadt umziehen würden, um dort den Umbau der alten B31 und der inneren Umgehung zu starten. Den Menschen zuliebe, die dort wohnen.
Weit gefehlt. In Fischbach beginnen die ersten Diskussionen, wie die Ortsdurchfahrt verändert werden könnte, während es für die Albrecht- und Maybachstraße bisher weder eine konkrete Idee noch einen Zeitplan für eine Umgestaltung gibt, wie sie in der Ehlers- und Keplerstraße realisiert wurde.
Wie lange der Prozess der Vorplanung, der politischen Meinungsbildung und der Bürgerbeteiligung dauert, sieht man an der Friedrichstraße. Seit 2013 beschäftigt sich der Verkehrsentwicklungsplan mit Varianten und Prognosen zur Umgestaltung der Friedrichstraße, und 2016 diskutierte die Stadt mit den Bürgern im ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) darüber. Da die Umgestaltung der Friedrichstraße mit dem Uferpark abgestimmt sein soll, werden noch weitere Jahre verstreichen, bis Planungen beschlussreif und Entscheidungen gefällt werden.
Fakten zu den Verkehrsstärken in der Friedrichstraße (Quelle VEP): 2013 wurden an der Einmündung der Riedleparkstraße 16.100 Kfz/Tag und auf Höhe Metzstraße 17.400 Kfz/Tag ermittelt. Im Prognosebezugsfall 2030, welcher eine Hochrechnung des Verkehrs mit der neuen B31-Umgehung, aber ohne Veränderungen in der Friedrichstraße darstellt, nimmt der Verkehr in der Friedrichstraße lediglich um 2.500 Kfz/Tag ab!
Diese erschreckende Prognose ist anhand aktueller Daten des B31-Dialogforums nachvollziehbar: Auf der B31 in Friedrichshafen sind 17 % der Kfz im Durchgangsverkehr unterwegs, 83 % ist Ziel- und Quellverkehr. Das bedeutet: Trotz durchgehender B31-Umgehung wird sich in der Innenstadt der Verkehr kaum reduzieren, wenn keine einschneidenden Maßnahmen ergriffen werden, die Autofahrer zu „motivieren“, die neue B31-Umgehung zu benutzen.
Was plant die Stadtverwaltung für den Umbau der Friedrichstraße zum „Pracht-Boulevard“? Die erste Fehlentscheidung steht schon fest, denn die Mauer zum Uferpark soll nicht angetastet werden.
Der heutige Querschnitt der Friedrichstraße auf dem Abschnitt von der Schillerstraße bis zur Karlstraße beträgt von der Uferparkmauer bis zur nördlichen Bebauung etwa 17,3 Meter. Eine simple Addition der für einen Umbau notwendigen Flächen ergibt: Fünf Meter Breite werden für einen Gehweg auf der Nordseite und mindestens sechs Meter für eine zweispurige Fahrbahn benötigt. Zusammen mit einem mindestens drei Meter breiten Gehweg auf der Südseite errechnen sich 14 Meter. Die verbleibenden 3,3 Meter sind keinesfalls ausreichend für den Bodensee-Radweg in beiden Fahrtrichtungen, zumal die zwingend erforderliche bauliche Trennung zum Fußweg noch nicht eingerechnet ist.
Nachdem die Stadt den Architekturbüros beim Wettbewerb zum Uferpark die Vorgabe gemacht hatte, den Bodensee-Radweg nicht durch den Uferpark zu führen (was im westlichen Bereich wegen eines Privatgrundstücks ohnehin kaum möglich wäre), stellt sich die Frage: Wo sollen die Urlaubsradler zukünftig fahren? Mischverkehr auf der Fahrbahn ist nur für einen Teil der Radtouristen eine sinnvolle Führung, deshalb wird ein attraktiver baulicher und ausreichend breiter Radweg erforderlich sein, um Radfahrer von Fußgängern getrennt zu führen.
Fazit: Mit der heutigen Uferpark-Mauer kann es keine Verbesserung für den hoch frequentierten Bodenseeradweg im Bereich der Friedrichstraße geben.
Der ADFC fordert deshalb: Die Mauer muss weg!
Links zu den Sitzungsunterlagen des Gemeinderats vom 25.03.2019: https://sitzungsdienst.friedrichshafen.de/to0040.asp?__ksinr=291919
(Bernhard Glatthaar, März 2019)