Robert Scherer, Bürgermeister der Stadt Meersburg am Bodensee - ADFC Bodenseekreis

Robert Scherer, Bürgermeister der Stadt Meersburg am Bodensee

Robert Scherer ist seit 2017 Bürgermeister der Stadt Meersburg am Bodensee. Er beantwortet Fragen von Bernhard Glatthaar.

ADFC: Welchen persönlichen Bezug haben Sie zum Fahrradfahren?

Scherer: Wenn man hier am Bodensee aufgewachsen ist und die vergangene ÖPNV-Verfügbarkeit betrachtet, war das Fahrrad das wichtigste Fortbewegungsmittel in der Jugendzeit. So durfte ich mit Freunden mit meinem goldenen Bonanza-Rad zumindest den Überlinger See mit Zelt etc. umrunden. Das bleibt einem natürlich im Kopf und man denkt gerne zurück. Besonders wenn man dann als Erwachsener den Überlinger See ebenso umfährt, nur eben mal an einem Tag. Aber die Jugendeindrücke sind natürlich prägend. Heute ist das Fahrrad für mich weiterhin ein Mehrwert, welches ich nicht missen möchte.

ADFC: Der Fahrradtourismus ist in Meersburg Segen und Fluch zugleich. Der Bodensee-Radweg führt durch die Unterstadt, wo Fußgänger und Radler auf engem Raum unterwegs sind. Welche Lösungen verfolgt die Stadt, ohne Radfahrer zum Schieben zu zwingen?

Scherer: Wie schon in der Vergangenheit mit dem ADFC und anderen Behörden ausgetauscht, wird eine Lösung im Einklang für Fußgänger und Fahrradfahrer in der Zukunft eine Herausforderung werden, welche wir aktuell aufgrund der allgemeinen Gesamtsituation nicht vordringlich bearbeiten können. Dieser Abschnitt ist nicht „nur“ ein Abschnitt, den man „kurz“ bearbeiten kann, da hier in den saisonalen Monaten teilweise mehrere Tausend Personen den Abschnitt nutzen. Aufgrund der geschützten Altstadt und dessen Denkmalschutz wird aus unserer Sicht keinen dauerhaften Vorrangstreifen für Fahrradfahrer geben können. Das dies eine Herausforderung ist, ist uns bewusst und wir werden auch hier wieder eine Bürger- bzw. Nutzerbeteiligung vorschlagen.

ADFC: Eine weitaus gefährlichere Strecke für Radfahrer befindet sich kurz nach der Fähre Richtung Unteruhldingen, wo der Radweg nur 1,8 Meter breit ist für beide Fahrtrichtungen zusammen. Wie sieht aus Ihrer Sicht die beste Lösung für diese Gefahrenstelle aus?

Scherer: Da ist sicherlich aufgrund des Einsatzes des ADFC und der Stadt Meersburg beim Land BW ein guter Prozess in Gang gekommen, welcher eine Planung und daraus resultierende Umbaumaßnahme mit sich bringen wird. Die Stadt Meersburg begleitet dieses Projekt sehr intensiv und wird sich im Bereich der Bushaltestellen ebenso für eine Verbesserung einbringen. Wir konnten den aktuellen Entwurf des RP Tübingen im Jahr 2023 in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung vorstellen. Leider ist aus unserer Sicht aufgrund der begrenzten Flächenmöglichkeiten keine klassische Lösung in diesem Bereich möglich und wird hier mit Kompromissen leben müssen.

ADFC: Gibt es konkrete Planungen für eine Rad-Verbindung zwischen Ober- und Unterstadt? Die B 33-Serpentinen und die Töbelestraße sind für viele Radler nicht akzeptabel.

Scherer: Das Thema Radverbindung Ober- und Unterstadt beschäftigt die Stadt Meersburg seit vielen Jahren. Wir haben im Bürgerbeteiligungsprozess „Meersburg 2030“ schon Ideen erarbeitet und sind an das Regierungspräsidium herangetreten. Dieser Abschnitt ist im Radverkehrskonzept des Bodenseekreises aufgeführt, aber leider ist der Abschnitt nicht Bestandteil des RadNETZ BW. Da wir diesen Abschnitt allerdings ebenso als wichtig ersehen, sind wir weiterhin im engen Austausch mit dem Regierungspräsidium Tübingen und versuchen Lösungen zu erarbeiten. Eine Herausforderung ist sicherlich eine Lösung zu finden, welche im Einklang mit dem Denkmalschutz/Ensemble­schutz realisiert werden könnte. Ebenso sind die finanziellen Mittel für diese, für Meersburg, große Fahrradinfrastrukturmaßnahme aufgrund der schwierigen Topografie eine Herausforderung und eng von erheblichen Zuschüssen abhängen wird.

Wir möchten aber trotzdem an der Lösungsfindung dranbleiben, damit dieser nicht ungefährliche Abschnitt mit den steigenden Nutzungszahlen optimiert werden kann.

ADFC: Welche anderen Radverkehrs­projekte sind in Meersburg aus Ihrer Sicht vordringlich, wo liegen die Schwerpunkte der nächsten Jahre?

Scherer: Sicherlich werden wir Verbesserungen für die Schulweganbindung vornehmen müssen, welche kommunale Straßen betreffen. Weiterhin wird 2024/2025 voraussichtlich die Verbindung Meersburg–Hagnau am See entlang saniert, sodass hier eine bessere Qualität für die Nutzer entsteht. Leider ist hier aber ebenso aufgrund der beengten Verhältnisse wieder ein gutes Miteinander wichtig. Da wir in den letzten Jahren die Abstellmöglichkeiten von Fahrrädern deutlich erhöht haben und trotzdem noch besonders in der Unterstadt Bedarf haben, wird eine weitere Verbesserung aufgrund der steigenden Anzahl verfolgt werden. Eine professionelle Fahrradreparaturwerkstatt (nicht die schon installierten Stationen) sehe ich besonders entlang des RadNETZ BW als eine große Qualitätsaufwertung für den stark genutzten Abschnitt am Bodensee. Vielleicht ergibt sich eine Lösung.

ADFC: Was erhoffen Sie sich von der Zusammenarbeit mit dem ADFC?

Scherer: Die vergangenen Jahre haben durch verschiedene Themen schon gute Ergebnisse gebracht, so wie nun die aktuelle Planung an der Fähre zeigt. Ich wünsche mir weiterhin den guten Austausch zur Lösungsfindung auch in schwierigen Bereichen, welche aufgrund der Gegebenheiten in Meersburg vorhanden sind. Hierzu ist von allen Seiten eine Kompromissbereitschaft erforderlich. Eine wertschätzende Zusammenarbeit ist die Basis für einen gemeinsamen Erfolg. Dies hatten wir bisher und wünsche ich mir auch weiterhin. Häufig fehlt uns in den Kommunen aufgrund der Größe die Übersicht an aktuellen Neubewertungen von den Gesetzgebern und den daraus resultierenden Fördermöglichkeiten vor Ort. Hierfür kann aus meiner Sicht der ADFC sicherlich aufgrund der Nähe zu den Entwicklungen ein sehr wertvoller Partner sein.

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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