Mit der StVO-Novelle vom April 2020 ist der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrenden im Straßenverkehr gesetzlich geregelt: innerorts beträgt der Mindestabstand 1,50m, außerorts sogar 2,00m! Diese Abstände werden aber immer noch zu wenig beachtet und Radfahrende dadurch gefährdet.

Eine Arbeitsgruppe im ADFC hat das Thema aufgegriffen und Ideen entwickelt, um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen: Plakataktionen, Infostände, Schaufenster Poolnudelaktionen etc. Das größte Projekt waren Messfahrten mit OpenBikeSensoren (OBS) die am Fahrrad befestigt werden und den Abstand zu überholenden Autos cm-genau messen und dokumentieren (weitere Infos: www.openbikesensor.org).

Der ADFC-Landesverband unterstützte die Aktion mit fünf Bausätzen, die von techninkaffinen ADFC-Mitgliedern zusammengebaut und getestet wurden. In zwei Online-Schulungen wurden Interessierte in das Thema eingeführt. Von Mitte September bis Ende November 2021 fanden schließlich die Messfahrten durch mehr als 30 Radler im Bodenseekreis statt, bei denen über 4.000 Überholvorgänge dokumentiert wurden. Etwa 75 % der Messpunkte wurden innerorts ermittelt, 25 % waren außerorts. Die Auswertung der Daten fand im Nachgang der Fahrten statt. Hierzu stellte die Firma doubleslash kostenlos Serverkapazität zur Verfügung.

Ergebnis aller Messungen im Bodenseekreis: Nur etwa jedes dritte Fahrzeug (36,2%) hat den gesetzlichen Mindestabstand eingehalten; außerorts waren es sogar weniger als 18% und dies bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h!

Aktuell erfolgt die Detailauswertungen für die Kommunen und einzelne Straßen. Hier ein Beispiel aus Tettnang: die K7722 einschließlich Prinz-Eugen-Straße von Bürgermoos nach Wolfzennen:

Verkehrssituation
Betrachtet wird die K 7722 von der Einmündung L 333 im Nordosten in Bürgermoos bis zur Einmündung auf die K 7780 bei Wolfzennen in Mariabrunn. Die Auswertung ist unterteilt in den Teilabschnitt der Prinz-Eugen-Straße, der durch Bürgermoos führt (innerorts, Tempo 50), und in die K 7722 vom Ortsausgang Bürgermoos bis zur Einmündung in die K 7780. Mit Ausnahme der etwa 400 m langen Durchfahrt Braitenrain mit Tempo 50 liegt hier die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 100 km/h. Die Straße mit einer Breite von 6 m führt von Bürgermoos fast gerade bis Braitenrain, was manche Kfz-Lenker dazu verleitet, sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten.

Die Verkehrssituation ist werktags geprägt durch den morgendlichen und abendlichen Berufsverkehr sowie Lkw- und Pkw-Verkehr zum Entsorgungszentrum Sputenwinkel (auf halber Strecke zw. Bürgermoos und Braitenrain).

Fazit
Sowohl auf der Ortsdurchfahrt Bürgermoos als auch auf der außerörtlichen Strecke wird nur in den wenigsten Fällen der Mindestabstand eingehalten: In Bürgermoos nur von jedem fünften Fahrzeug; außerorts sogar nur von jedem sechsten Fahrzeug, und das bei hohen Differenzgeschwindigkeiten außerorts.

Auf der kurzen 50er-Strecke durch Braitenrain sind die Abstände größer, allerdings wurden hier nur sieben Messpunkte ermittelt und zur Zeit der Messfahrten war eine Geschwindigkeitsanzeige installiert.

Forderung
Um das hohe Gefährdungspotential insbesondere auf der außerörtlichen Strecke zu minimieren, fordert der ADFC die schnelle Realisierung des geplanten Radweges entlang der K 7722. Solange dieser noch nicht gebaut ist, sollte mittels Plakaten auf die Einhaltung des Mindestabstands hingewiesen werden.

Zusammenfassend kann man bereits sagen, dass zum Thema Mindestabstand erheblicher Handlungsbedarf besteht, um die Situation zu verbessern und so die Sicherheit für Radfahrende im Straßenverkehr zu erhöhen.

In einer Gesamtdokumentation werden alle Messungen im Bodenseekreis zusammengestellt und veröffentlicht.