Jürgen Löffler, Geschäftsführer Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund - ADFC Bodenseekreis

Jürgen Löffler, Geschäftsführer Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund

Jürgen Löffler ist Geschäftsführer des Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbundes (bodo). Er beantwortet Fragen von Bernhard Glatthaar.

ADFC: Welchen persönlichen Bezug haben Sie zum Fahrradfahren?

Löffler: Fahrradfahren ist mein Leben – die Welt erfahren und Menschen erreichen. Ohne Fahrrad wäre ich wie ein Fisch ohne Wasser. Es verbindet Körper und Geist, und man bleibt in Bewegung. Fahrradfahren ist vielfältig, von der Geographie und der Kartographie über die Fahrradtechnik bis zur Verkehrspolitik – es ist alles dabei. Ob alleine, mit Partnerin oder Partner oder in der Gruppe macht Fahrradfahren einfach Sinn und Spaß.

ADFC: Die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs soll sich verdoppeln, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Und gleichzeitig wollen mehr Radler in den Zügen mitfahren. Wie soll das funktionieren?

Löffler: Hier gibt es kein Patentrezept. Am besten wären megagroße Züge. Diese wird es aber auch in Zukunft nicht überall geben können. Deshalb ist das Fahrrad gut für die erste und letzte Meile, was gesicherte Abstellmöglichkeiten notwendig macht. Hier müssen wir in Deutschland noch mehrere Schippen drauflegen, um die Bahnhöfe und Haltestellen des Nah- und Fernverkehrs zu wirklichen Mobilitätsdrehscheiben auszubauen.

ADFC: Sehen Sie den Stadtbahnhof Friedrichshafen nach der Modernisierung für die Herausforderungen der Zukunft ausreichend gerüstet?

Löffler: Auf jeden Fall werden Zugänglichkeit und Barrierefreiheit deutlich besser. Zu einer Mobilitätsdrehscheibe gehört aber auch ein kundenfreundlicher Busbahnhof mit Witterungsschutz, gescheiten barrierefreien Bussteigen und Informationsanzeigen und gesicherten Fahrradabstellmöglichkeiten. Auch Friedrichshafen hat da noch Verbesserungspotential. Was häufig noch nicht mitgeplant und gebaut wird, ist die Fahrgastmenge, die wir im Zuge der Verkehrswende als politisches Ziel formuliert haben: Die Verdopplung der Fahrgäste bis 2030. Vieles, was heute auf Stand gebracht wurde, wird dann wieder zu knapp bemessen sein. Das betrifft im Übrigen nicht nur Bahnhöfe, sondern auch ganze Strecken.

ADFC: Wie schätzen Sie die Zukunft der Verkehrsverbünde ein vor dem Hintergrund des bundesweiten 49-Euro-Tickets für den Nahverkehr? Hat die Politik alles richtig gemacht?

Löffler: Die Verkehrsverbünde werden notwendiger denn je sein – siehe Verkehrswende. Sie kümmern sich vor Ort um Bürgerinnen und Bürger, um die Fahrgäste und bieten vielfältige ÖPNV-Dienst­leistungen im ÖPNV an wie z.B. Marketing / Öffentlichkeitsarbeit, Fahrplan- und Echtzeitdaten, E-Ticketing, Einnahmenclearing und vieles mehr. Das Deutschlandticket unterstützt die Attraktivität des ÖPNV enorm, aber es ist nicht „der“ ÖPNV. Darüber hinaus wird es ja auch künftig viele ÖPNV-Nutzer geben, die nur gelegentlich Bus und Bahn fahren und kein Deutschlandticket wollen. Und gerade jetzt erleben wir: Immer wenn es für den Fahrgast einfacher wird, werden die Anforderungen im Hintergrund komplexer. Dafür braucht es weiterhin Kümmerer – und genau das ist unser Auftrag. Wenn die Politik neben den Tarifausfällen des Deutschlandticket auch das Bedienungsangebot und die Infrastruktur künftig deutlich stärker fördert, haben wir gute Karten. Aber das Engagement darf nicht nachlassen, denn die erwartete positive Wirkung aller Maßnahmen benötigt viele Jahre.

ADFC: Welche Rolle sollte nach Ihrer Einschätzung der ADFC bei der Verkehrspolitik zukünftig einnehmen?

Löffler: Die Interessen der Radfahrenden weiter kräftig zu vertreten, halte ich für unabdingbar. Häufig erleben die Radfahrenden, dass der Autoverkehr Sieger im Verteilkampf der Verkehrsflächen bleibt, egal ob als Fahrzeug oder als Stehzeug. Hier ist der ADFC als Lobby der Praktiker, aber auch der Fachleute gefordert – mehr denn ja. Bahn, Bus, Fahrrad, zu Fuß gehen nenne ich eine  „intelli­gen­te“ Verkehrsmittelwahl, und wenn´s sein muss auch mal das Auto. Der ADFC ist wichtig, um viel mehr Menschen zur ressourcenschonenderen Mobilität zu motivieren.  Deutlich mehr Radverkehr ist machbar und hilft ganz konkret, unsere Erde als bewohnbaren Ort zu erhalten. Und sie ist das beste Fahrradparadies, das wir haben...

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25 Jahre Kreisverband Bodensee

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https://bodenseekreis.adfc.de/artikel/juergen-loeffler-geschaeftsfuehrer-bodensee-oberschwaben-verkehrsverbund

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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