Georg Riedmann, Bürgermeister der Stadt Markdorf - ADFC Bodenseekreis

Georg Riedmann, Bürgermeister der Stadt Markdorf

Georg Riedmann ist seit 2013 Bürgermeister der Stadt Markdorf. Er beantwortet Fragen von Bernhard Glatthaar.

ADFC: Welchen persönlichen Bezug haben Sie zum Fahrradfahren?

Riedmann: Meine erste große Radtour habe ich im Alter von 16 Jahren gemacht. In zwei Tagesetappen bin ich von Tuttlingen zu unseren Jugendchorferien nach Binn im Kanton Wallis geradelt. Nachdem ich am ersten Tag ganze 180 km bis nach Wassen an der nördlichen Gotthardrampe gefahren war, habe ich am nächsten Tag den Furkapass, geplagt vom belasteten Radlerknie, allerdings in erheblichen Strecken schiebend erklommen. Am Ende der Chorfreizeit natürlich wieder dasselbe in umgekehrter Richtung. In den frühen 80er Jahren war der Furkapass dabei noch in einem Zustand, den wir aus dem James-Bond-Film Goldfinger kennen: Sehr schmal, ohne Leitplankensicherung und schon vielbefahren. Aus heutiger Sicht fast unvorstellbar, dass meine Eltern mich haben dieses Abenteuer alleine bewältigen lassen! Seither begleitet mich das Fahrrad hauptsächlich als Fortbewegungsmittel im Alltag. Sportlich und in der Freizeit habe ich mich später eher auf die fußläufige Fortbewegung im Gebirge konzentriert.

ADFC: Welche Maßnahmen halten Sie für besonders wichtig, damit möglichst viele Menschen, die heute noch nicht Rad fahren, dazu animiert werden, auf dieses praktische Verkehrsmittel umzusteigen?

Riedmann: Ich bin überzeugt, dass insbesondere die Alltagstauglichkeit der Fahrradnutzung im Vordergrund stehen muss: Das beginnt bei der Art der Fahrräder. Man darf nicht am ersten kleinen Hügel scheitern. Hier helfen E-Bikes. Die Beladung auch mit mittelgroßen Einkäufen muss sicher und unkompliziert möglich sein. Auch hier sehe ich spannende Entwicklungen auf dem Markt. Und natürlich braucht es neben der vieldiskutierten Verkehrssicherheit durch gute Radwege dafür an den richtigen Orten die richtige Stellplatzinfrastruktur. Und am Arbeitsplatz die Möglichkeit zum Duschen und Umziehen. Diese wichtige Voraussetzung werden wir im sanierten Rathaus auch anbieten können.

ADFC: Schon bei Ihrer ersten Kandidatur als Markdorfer Bürgermeister 2013 hatten Sie erhebliche Mängel im Radverkehrsnetz der Stadt festgestellt. Sind Sie zufrieden mit den Verbesserungen, die seither erreicht wurden?

Riedmann: Es bleibt noch sehr viel zu tun. Aber in meiner Haushaltsrede zur Verabschiedung des städtischen Haushaltsplanes für das Jahr 2022 habe ich dazu festgestellt: „Wir kommen bei unserem Radverkehrskonzept vorwärts. Sowohl in der konkreten Planung von Maßnahmen mit den übergeordneten Straßenbaulastträgern. Aber auch bei der Realisierung eigener Maßnahmen...

Die Realisierung kleinster Schritte mag zwar weiterhin den Eindruck vermitteln, es ginge zu langsam. Wer jedoch mit wirklich offenen Radleraugen durch die Stadt geht, wird erkennen, wie viele Details in den vergangenen Jahren bereits verbessert werden konnten. Wenn aber jemand zu Recht darauf verweist, dass die vielen inzwischen vorhandenen und noch geplanten Fahrradschutzstreifen nur die zweitbeste Lösung nach echten und exklusiven Radwegen sind, darf die Frage gestellt werden, welches in unserer engen und dicht bebauten Stadt die Alternativen sind. Ich bin deshalb dankbar, ja begeistert, dass der Gemeinderat in so breiter Zustimmung das Experiment der innerörtlichen Fahrradstraße wagt. Das wird sicher noch manche Irritation aller Verkehrsteilnehmer hervorrufen, bis sich alle daran gewöhnt haben. Aber es ist ein wichtiger Schritt, das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln innerhalb einer Stadt neu zu justieren. Weiterhin halte ich es für bedauerlich, dass wir für dieses Experiment außerhalb der Stadt Richtung Immenstaad und Kluftern noch keine Mehrheiten finden konnten.“

ADFC: Seit Ende 2020 gibt es ein Radverkehrskonzept in Markdorf. Wie ist die Umsetzung in den nächsten Jahren geplant?

Riedmann: Wir werden im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung stehenden Mittel in regelmäßigen Schritten an der Umsetzung des Konzeptes arbeiten. Dabei ist zu beachten, dass jede einzelne Maßnahme aus dem Konzept mit der Verkehrsbehörde und der Polizei abgestimmt werden muss. Manchmal erfordert dies eine hohe Überzeugungskraft. Aber wir sind im guten Austausch und kommen vorwärts.

ADFC: Was erhoffen Sie sich von der Zusammenarbeit mit dem ADFC?

Riedmann: Ich bin bei uns in Markdorf sehr dankbar über eine gute Zusammenarbeit mit dem ADFC. Besonders beim erwähnten Austausch mit Polizei und Verkehrsbehörde konnten wir viel Unterstützung durch den ADFC erfahren. Auch beim Ausarbeiten von Kompromisslösungen präsentieren die VertreterInnen des ADFC immer wieder pragmatische Ideen, die allen weiterhelfen. Vor allem freue ich mich, wenn der ADFC unsere Schritte zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur anerkennt, auch wenn den VerbandsvertreterInnen eine deutlich höhere Ausbaugeschwindigkeit sicherlich noch lieber wäre.

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https://bodenseekreis.adfc.de/artikel/georg-riedmann-buergermeister-der-stadt-markdorf-2

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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