Gefährlich schnelle Autofahrer auf der Fahrradstraße B 467 alt
Seit Juli 2022 ist die alte B 467 zwischen Tettnang-Reutenen und Kressbronn-Gießenbrücke eine Fahrradstraße
Seit Juli 2022 ist die alte B 467 zwischen Tettnang-Reutenen und Kressbronn-Gießenbrücke eine Fahrradstraße. Dieser Erfolg hat eine 39 Jahre lange Vorgeschichte, denn bereits 1983 hatte der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben vorgeschlagen, diese Strecke für den Autoverkehr zu sperren.
Nach langem Ringen zwischen den Befürwortern und Gegnern einer solchen fahrradfreundlichen Lösung war die Zeit dann endlich reif. Auch vielen früheren Kritikern war die Sicherheit für radelnde Schulkinder mittlerweile wichtiger als das Festhalten an einer bequemen Ausweichroute für Autofahrer zur parallel verlaufenden neuen B 467. Zwar dürfen auf der B 467 alt auch weiterhin Autos fahren, aber nur noch mit der auf Fahrradstraßen geltenden Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h.
Ein Jahr nach der Eröffnung der Fahrradstraße feierten die Aktionsgruppe „Sichere B 467 alt“, der ADFC und viele langjährige Mitstreiter im Juli 2023 den hart erarbeiteten Erfolg mit einem Straßenfest an der Strecke. Viele Gäste, darunter Tettnangs Bürgermeisterin Rist, mehrere Gemeinderäte sowie zuständige Mitarbeiter des Landratsamts, nutzten bei dem Straßenfest die Gelegenheit zum Gespräch.
Wie sind die Erfahrungen?
Nach Einrichtung der Fahrradstraße hat sich der Kfz-Verkehr massiv auf die parallel verlaufende Bundesstraße verlagert: Waren es 2016 noch über 3000 Kfz pro Tag, so sind heute nur noch etwa 1000 Kfz pro Tag auf der B 467 alt unterwegs, d.h. der Autoverkehr ist auf ein Drittel der früheren Menge zurückgegangen.
Wichtig ist dabei: Da die Navigationsgeräte nun die schnellere Route über die Bundesstraße empfehlen, sind kaum mehr Lkw auf der B 467 alt unterwegs, was für die Radverkehrssicherheit besonders wichtig ist.
Leider sind aber diejenigen Autos, die nach wie vor die B 467 alt nutzen, oft noch viel zu schnell unterwegs. Zwar hat sich das Geschwindigkeitsniveau im Vergleich zu früher spürbar reduziert, aber das heute auf der Fahrradstraße geltende Tempo 30 wird von den meisten Autofahrern deutlich überschritten: Seitenradarmessungen durch das Landratsamt ergaben, dass über die Hälfte aller Kfz schneller als 40 km/h fährt, rund 5 % sogar schneller als 70 km/h und vereinzelte auch über 100 km/h.
Der für Verkehrsingenieure relevante „V85-Wert“ (die Geschwindigkeit, die von 85 % aller Autofahrer eingehalten wird) liegt auf der B 467 alt bei stattlichen 58 km/h, also 28 km/h über der zulässigen Geschwindigkeit. Dies ist ein außergewöhnlich hoher Wert, denn der V85-Wert sollte nahe an der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h liegen! Für die Behörden ergibt sich spätestens bei Überschreitungen des V85-Wertes um 10 km/h eigentlich dringender Handlungsbedarf zur Reduzierung der Kfz-Geschwindigkeit!
Neben den deutlich zu hohen Kfz-Geschwindigkeiten ist außerdem der oftmals zu geringe Seitenabstand beim Überholen immer noch ein Sicherheitsrisiko für Radfahrer. Der außerorts verpflichtend geltende Seitenabstand von 2,0 m wird von über 80 % der Autos nicht einhalten, wie Messungen des ADFC ergaben. Oftmals werden Radfahrer auch in unübersichtlichen Kurvenbereichen überholt, auch bei Gegenverkehr.
Wie geht’s weiter?
Sehr wichtig ist weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit durch die Stadt Tettnang, damit alle Verkehrsteilnehmer lernen, welche Regeln auf der Fahrradstraße gelten:
- Auf einer Fahrradstraße gilt Tempo 30 – auch außerorts.
- Radfahrer dürfen immer nebeneinander fahren.
- Autofahrer müssen stets besondere Rücksicht auf Radler nehmen.
- Außerorts ist immer (nicht nur auf Fahrradstraßen) ein Mindestüberholabstand von 2,0 m einzuhalten.
Fazit
Die Situation auf der B 467 alt ist für Radfahrer heute viel sicherer als früher, die Fahrradstraße ist also jetzt schon ein voller Erfolg. Trotzdem gibt es noch zu viele gefährliche Situationen, die durch bessere Informationen der Autofahrer und weitere Kontrollen reduziert werden müssen. Daher wird der ADFC zum Beginn der Radsaison 2024 bei den zuständigen Behörden nochmals auf die beschriebenen Gefahren hinweisen und auch darauf drängen, dass endlich die Fahrradstraßen-Infobanner entlang der B 467 alt aufgestellt werden.
(Daniel Hegele, 2024)